Andreas Schlüter

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Mein Name ist Andreas Schlüter. Ich bin am 9. September 1955 in Lübbenau geboren worden. Bin mit zwei Brüdern in meinem Elternhaus mit der Großmutter - lebend in Spremberg - aufgewachsen. Meine Mutter ist alleinerziehend gewesen. Wir Kinder waren alle drei von unterschiedlichen Vätern. Wenn meine Mutter böse war und sie war öfters böse zu mir, weil ich - ich konnte mir das nie erklären, warum sie mich so viel geschlagen hat. Die hat mich ja fast täglich verprügelt mit allen Alltagsgegenständen, die man sich überhaupt vorstellen kann. Zum Schluss war es sogar ein Rohrstock, ein Siebenstriemen, den sie aus einer Erbschaft aus Senftenberg von meinem Urgroßvater mitgebracht und sich darüber wahnsinnig gefreut hat, dass sie jetzt mit einem Schlag sieben Schläge sozusagen auf meinen Körper gegeben kann. Also, das war das krasse Negative, wo meine Mutter sozusagen an ihre Grenzen gestoßen ist. Es wurde auch festgestellt in der Schule, dass ich zuhause verprügelt werde, durch blutige Striemen an den Oberschenkeln und so, durch den Sportlehrer. Ist man dann an meine Mutter herangetreten, hat sich wahrscheinlich mehr für das Elternhaus interessiert vom Jugendamt aus. Also, das sind aber Dinge, die an mir vorbeigegangen sind. Und dann hat man mit meiner Mutter eine Übereinkunft getroffen, dass ich für 1 Jahr aus dieser Adolf-Diesterweg-Oberschule in Spremberg mal ausgegliedert werde in eine normale Kinderheimklasse, sozusagen integriert werde, damit ich wieder auf den Pfad der Tugend komme, so konnte ich mich entsinnen, satzmäßig. Und das wurde dann hinter den Kulissen beschlossen. Das Schuljahr hatte, glaube ich, schon drei oder vier Tage begonnen. Da mitten im Unterricht ging dann plötzlich die Tür auf und kam der Direktor in die Klasse und hat mich rausgeholt, hat mich in sein Direktorat runtergeholt. Dort saßen zwei Herren, die mir bekannt vorkamen. Und ich war ja nicht argwöhnisch, und die haben sich dann mit mir unterhalten und haben gesagt: "Du, Andreas, wir fahren dich mal irgendwo hin." Lass dich überraschen, so ungefähr. So, und, dadurch, dass die mir bekannt waren, das war nämlich die Patenbrigade aus unserer Klasse. Die Polizei, also es waren Polizisten, Kriminalpolizisten, glaube ich, habe ich keine Bedenken gehabt, weil mit denen haben wir ja auch Aktivitäten, Freizeitaktivitäten gemacht, sodass ich keine Hemmungen hatte, mit denen mitzufahren. Und dann sind wir mit einem Wartburg, eine Stunde oder zwei Stunden unterwegs gewesen und dann kamen wir an ein schönes Schloss, wo ein Schild oben drüber war "Kinderheim Adolf Reichwein", und dort haben die mich dann abgeliefert. Ich wurde beizeiten an einen Erzieher übergeben, der hieß Herr Wockenfuß, war eine absolut wichtige und einprägsame Person in meinem Leben. Für so einen kurzen Moment hat nie ein anderer Mensch auf mich - positiv, kann ich wirklich sagen - positiv eingewirkt wie dieser Mensch, Herr Wockenfuß. Muss damals wohl um die fünfzig oder so, war schon ein etwas älterer Herr, gewesen sein und von der jetzigen Sicht her ein Vollblutpädagoge. Der war der Gruppenleiter, der Gruppenerzieher und hatte noch einen oder zwei Hilfserzieher, nicht Hilfserzieher, sondern solche jungen Erzieher, die frisch von der Fachschule gekommen sind. Und er hat mich sozusagen in Empfang genommen, hat mich irgendwann im Zuge des Tages der Gruppe vorgestellt. Es gab nur eine Jungengruppe, die in dem Heim war. Es gab noch, glaube ich, eine andere Gruppe, aber ich wurde in die größere Jungengruppe oben unterm Dach lebend integriert. Und die Gruppe muss wohl so um die fünfzehn Jungs gewesen sein, die in zwei unterschiedlichen Schlafsälen untergekommen sind zu je sechs oder acht Betten dann. Und von da an hab ich eben alles in dieser Heimgruppe erleben müssen von Aufstehen, Schlafen, Essen, Schule gehen. Die Schule ist im Haus integriert gewesen, also in dem großen Gebäude des Schlosses in Pretzsch mit eigenen Lehrern, das war eigentlich soweit erst mal alles gut. Ich muss mal sagen, dass das erste halbe Jahr wirklich ein Effekt eingetreten ist. Ich bin in der Schule gut angekommen, ich bin von allen gelobt worden, mein Erzieher hat sich intensiv mit ein paar Macken meiner Person beschäftigt. Ich war ein Fingernagelknabberer - also, ich hab jetzt keine Knabbernägel mehr -, ich war ein Fingernagelknabberer, damit hat er sich beschäftigt, ich hab eigentlich echt das Gefühl gehabt, dass hier jemand ganz speziell an meiner Person arbeitet, er als Erzieher. Einzelgespräche wurden geführt, er hat sich richtig intensiv mit mir beschäftigt. Aber eben, wie gesagt, das Gruppenleben war, wie gesagt, anders gestaltet. Es gab überfallartige Geschichten in der Nacht, wo irgendwas am Tage oder was Geschriebenes am Tage passiert war, ich hab das teilweise gar nicht mitgekriegt, weil ich unbekümmert war. Ich war wirklich echt unbekümmert. Dann habe ich mitgekriegt, dass irgendwelche Sachen passiert sind, die nicht hätten passieren dürfen und denn wurde unsere Gruppe zum Beispiel auf den Schlosshof runtergeholt in der Nacht, also, alle wurden aus den Betten rausgeholt, in unserem Schlafzeug, in Latschen standen wir da unten auf dem Schlosshof. Dann wurden drei oder die drei oder die zwei oder die Person rausgeholt. Ich kann mich an mindestens drei Aktionen in der Richtung erinnern und sie sind in das Dunkel des Schlossparks sozusagen von dem Schlosshof geführt oder gerissen oder so worden und dann hat man ein paar Schreie oder so gehört und dann kamen die irgendwann wieder in die Gruppe zurück und haben geheult oder was auch immer, komisch ausgesehen und dann ist die Truppe wieder nach oben gerückt und diese Nachtaktion war sozusagen beendet. Das waren immer Nächte, wo die jungen Institutsabgänger, die Jungerzieher, die frisch von der Schule gekommen sind, da waren. Die haben die körperlichen Möglichkeiten ausgenutzt und verdroschen, ich nicht, gottseidank nicht. Und aber, wie gesagt, irgendwann nach einem halben Jahr hab ich dann mitgekriegt, dass Oma nach dem Westen ausgewandert ist als Rentnerin, als frischgewordene Rentnerin, weg war sie. Und von da an hab ich - unter einem schlechten Einfluss vielleicht stehend - mit jemand anderem aus der Gruppe, dessen Vater die ganze Zeit schon im Westen war, ein Projekt entwickelt, aus diesem Heim abzuhauen. Dann sind wir mit Kartenmaterialien etc. irgendwann in einer Nacht des Septembers des neubegonnenen neunten Schuljahres aus dem Heim ausgebrochen, so, dass es keiner bemerkt hat. Ein oder zwei Tage später, also dazwischen fehlt mir dann einfach ein Stückchen Film, sind wir beim Trampen auf einer nächtlichen Landstraße um, zwanzig, zweiundzwanzig Uhr oder spätabends mindestens war es, von einem Mann mitgenommen worden, der uns relativ speziell ausgefragt hat, wo wir uns beide schon gedacht haben: Na, ist das hier der Richtige, der uns mitnimmt? Und dann sind wir plötzlich abgebogen von dieser Landstraße und auf ein ganz großes hell erleuchtetes Tor zugefahren. Und das muss wohl das Chemiewerk Bitterfeld oder irgendwie sowas gewesen sein. Ein Riesenobjekt mit Wachschutz, mit bewaffnetem Wachschutz und dann haben wir schon mitgekriegt, dass hier irgendwas nicht so läuft, wie es laufen sollte. Und dann sind dort Herren auf uns zugekommen, haben sich mit dem Mann unterhalten, haben sich aber auch gleich um das Auto rumgestellt, also bewaffnete Kontrollleute, Wachschützer, und die haben uns dann mitgenommen, getrennt. Und denn sind wir, ich glaub am nächsten Tag von da aus in die U-Haft nach Leipzig in die Kästnerstraße gefahren worden. War eine relativ lange Autofahrt mit einem Auto und dort wurden wir wie Häftlinge untersucht. Also ich zu mindestens, wurde ja alles getrennt gemacht, und dann auf eine Zelle kam ich mit irgendeinem anderen, der auch irgendein Politischer oder Krimineller gewesen ist, und dann bin ich am gleichen Tag wohl noch zum Staatsanwalt gefahren worden und der Staatsanwalt hat mir einen Haftbefehl vorgelesen - wegen versuchter Republikflucht werde ich hier offiziell verhaftet und bleib in Haft. In Dessau hab ich dann den Rest meiner U-Haft-Zeit, ich glaub, das waren dann fast drei Monate bis zu meiner Verurteilung, also bis zu meinem Gerichtsverfahren, gewartet und bin vor Ablauf von drei Monaten vor Gericht verurteilt worden zu einer Haftstrafe von einem bis drei Jahren, also, nicht von einem bis drei Jahren, ich hab mir bis vor kurzem eingebildet, dass es ein bis drei Jahre waren, aber es war eine Haftstrafe von drei Jahren wegen versuchten illegalen Grenzübertritts. Ich kann mich nur an einen einzigen Satz in dieser Gerichtsverhandlung erinnern, in dem die blonde, leicht rundliche Staatsanwältin geschrien hat: "Ihr seid eine Pestbeule am Körper unseres Staates!", das hat sie sehr erregt zu uns rüber gerufen. Und dann bin ich, ich glaube, ein oder zwei Tage später gleich schon in die Jugendstrafanstalt, die auf dem gleichen Gelände der U-Haft gekommen oder die U-Haft ist auf dem Gelände dieser Jugendstrafanstalt. Und die Jugendstrafanstalt, die hat auf mich schon akustisch in den ganzen Wochen, die ich dort in der U-Haft untergebracht war, seelisch bedrohlich gewirkt, weil dort drüben nur marschiert wurde. Also, man hat von früh bis abends nur Marschschritte gehört, richtig militärische Marschschritte. Und meine sieben Mitzellengenossen haben mir schon immer gesagt: "Da wirst du hinkommen, da wirst du hinkommen!" Und ich hab denn immer gesagt: Was soll ich da, was soll ich da? Aber ich bin dahin gekommen. Von da an hat natürlich ein Kapitel angefangen, da war die Unterbringung im Heim und meine persönliche Kindheit eigentlich Kuschelgeschichten dagegen, weil das war recht grausam dort in der Haft. Ich war ja einer von der unteren mit V bezeichneten Schicht. Und ich wurde in zwei Nächten durch mein Wehren gegen Misshandlungen, die mir am Tage so passiert sind und Ungerechtigkeiten - also, man hat mein Bett zerstört, man hat meine geputzten Stiefel dreckig gemacht mit Zahnpasta, man hat meine Päckchen eingerissen in meinem Spind, jeder hat seinen eigenen Spind gehabt in seinem Gruppenraum und dort musste immer alles militant 20 x 20 und die Streifen von den Unterwäschen mussten dann auch genau zu den Päckchen passen und dieses Päckchen durfte nicht mehr wie 20 x 20 sein, also musste man die ganze Wäsche mit einem Brettchen abmessen, was man dazu gekriegt hat, mit Seife wurde dann diese Kante von der Wäsche eingerieben, damit es eine richtig steife Kante wird. Und beim Gruppendurchgang, der wöchentlich und manchmal auch blitzartig zwischendurch gemacht wurde, wurden bestimmte Schränke bemängelt und dann hat diese Gruppe eine schlechte Bewertung gekriegt, also, ich weiß nicht, mit einer roten Laterne, glaube ich, war sogar von der Symbolik da die Rede. Wer die rote Laterne hatte, war die schlechteste Zelle, Gruppenzelle und das war natürlich für den Verursacher, der dafür gesorgt hat, gar kein Zuckerschlecken. Also das erste Mal haben mich zweie so zusammengeschlagen, dass ich in meinem Blut lag und wie gesagt mir die Pulsadern hätte sehr gern aufgeschnitten, wenn ich nur was gehabt hätte, was dazu geeignet ist, aber da drin gab es nichts, womit man sich die Pulsadern aufschneiden konnte. Merkwürdigerweise hat man mir nächsten Tag über irgendwelche illegalen Beziehungen ein nagelneues Nachthemd - dort gab es ja nur Nachthemden im Gefängnis - zukommen lassen und die Blutflecken, also das alte Nachthemd ist verschwunden und die Blutspitzer und so wurden ja auch die von anderen mit beseitigt. Ich hab überlegt, wehre ich mich dagegen, aber ich hatte mitgekriegt, was Leuten passiert ist, die nicht mehr die Nerven hatten, das durchzustehen, die sich dann irgendwann geoutet haben irgendeinem Personal oder irgendwie sowas gegenüber, die sind nicht aus der Gruppe rausgenommen worden, sondern die wurden irgendwann wieder zurückgeschickt und dann war für denjenigen alles ganz schlimm. Nach dieser Eingewöhnungsphase wurde mir eine Frau Unterleutnant Voigt zugeteilt als meine für mich zuständige Gruppenleiterin oder was da auch immer ihr Titel war. Die kam dann in Abständen von Wochen, zwei Wochen, vier Wochen, zu mir, hat mich zu einem Einzelgespräch in irgend so einen Beratungsraum geholt. Hat mit mir bestimmte Dinge besprochen, die das Ziel hatten, mich dort rauszuholen. Das habe ich dann beizeiten erkannt. Sinngemäß hat sie Sätze gesagt: Ich, ich habe festgestellt, dass Sie hier nicht hergehören. Und: Ich werde alles daran setzen, Sie dort rauszuholen. Also, Sie hier rauszuholen. Wie sie es macht und was sie macht, das hab ich nie begriffen, ich hab bloß immer mitgekriegt, dass die nochmal zu mir kam, nochmal irgendwie was mit mir besprochen hat, wieder einen Antrag. Ich weiß auch, dass wohl ein oder zwei Versuche abgelehnt worden von ihr an irgendeine Staatsanwaltschaft oder Gefängnisleitung oder wem auch immer. Und irgendwann, die Frau hab ich dann schon langsam gemocht, obwohl ich sie nicht näher kennengelernt hab. Ich weiß bloß den Namen merkwürdigerweise, Frau Unterleutnant Voigt. Und ob die Uniform zu mir gekommen ist oder in Privatklamotten kann ich mich auch nicht mehr entsinnen, aber sie war wohl mein Engel in der Geschichte, weil nach einem Jahr und, glaube ich, vierzehn Tagen oder so ähnlich bin ich in der Nacht wieder rausgeholt worden. Diesmal nur ich alleine. Und dann hat es circa zwei Stunden gedauert mit einer Einweisung durch einen Beamten, dass ich draußen nichts erzählen darf. Dann musste ich diverse Dinge, glaube ich, noch unterschreiben und dann wurde mir Geld sogar ausgezahlt. Also ich hab in der Zeit wohl irgendwie 187 DDR-Mark verdient gehabt als Spargeld oder Taschengeld oder sonst was. Und dann bin ich entlassen worden und stand faktisch vor dem Gefängnis und hab die erste Zigarette - also, übrigens, ich hab mir im Gefängnis das Rauchen angewöhnen müssen, obwohl ich vorher nicht geraucht hab. Aber dort drin war Rauchzeug, also Zigaretten waren Zahlungsmittel. Mit Zigaretten konnte man dort Wunder vollbringen. Mit einer Zigarette konnte man sich die Nachspeise von einem Sonntag - sonntags gab es immer zum Mittagessen eine Nachspeise - sichern und bei vier Zigaretten hat man an vier Sonntagen sich von jemand anderem die Nachspeise, Pudding mit irgendeiner Fruchtsauce drauf sichern können. Ich stand dann draußen vor dem Tor und hab mir in der Aufregung die Zigarette sogar verkehrt rum in den Mund gesteckt, mir gleich eine Brandblase in der Freiheit geholt, so aufgeregt und erstaunt war ich, dass ich jetzt plötzlich vor der Tür stehe, vor dem Tor stehe. Die einzige Person, die sich sehr intensiv mit mir beschäftigt hat, war meine Frau als Pädagogin, also meine Ex-Frau. Frau Schlüter, die war auch ein sehr unbequemer Part in der Richtung. Sie hat einfach gesagt: Er ist mein Projekt. Ja, ich bin ihr Projekt und ich schaff das schon, ihn auf das richtige Level zu bringen, so ungefähr. Also, sie hat mich gezwungen, in mich reinzugucken, hat mich gezwungen, sich mit mir zu beschäftigen, selbstkritisch zu werden. Das kannte ich ja vorher gar nicht, Selbstkritik, so sich selbst betrachten und beurteilen. Also, ich bin ihr so extrem dankbar, dass die mich gezwungen hat, eben mich aus anderen Blickwinkeln zu betrachten und das hat mir natürlich weitere Fehler beschert, und Fehler hat man einige gemacht, auch in den zwischenmenschlichen Beziehungen, diese nicht nochmal macht und erst mal einsieht auch die Erziehung und meine Art der Erziehung meinen Kindern gegenüber und und und.. Also, die hat das extrem beeinflusst.

Mitten im Unterricht ging dann plötzlich die Tür auf und der Direktor hat mich in sein Direktorat runtergeholt. Dort saßen zwei Herren, die mir bekannt vorkamen und haben gesagt: "Du, Andreas, wir fahren dich mal irgendwo hin. Lass dich überraschen.“

Biografie

Andreas Schlüter, geboren 1955, wächst in Spremberg mit zwei Geschwistern bei der alleinerziehenden Mutter und der Großmutter auf. Andreas wird von der Mutter oft und heftig geschlagen, was auch in der Schule auffällt. Eines Tages erscheinen zwei Männer aus der Patenbrigade, zwei Kriminalisten, in der Schule und holen ihn ab. Nichts ahnend lässt er sich von ihnen ins Spezialkinderheim für Schwererziehbare bringen. 

Er wird dort von einem älteren Gruppenerzieher in Empfang genommen, der sich wirklich um ihn kümmerte. Deshalb geht es Andreas im ersten halben Jahr ganz gut, sogar in der Schule verbessert er sich spürbar.

Als er aber erfährt, dass seine geliebte Oma in den Westen

In der DDR umgangssprachliche Bezeichnung für die Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin.

ausgereist ist, schmiedet er mit einem anderen Jungen, dessen Vater auch im Westen

In der DDR umgangssprachliche Bezeichnung für die Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin.

lebt, Fluchtpläne. Im September, das 9. Schuljahr hat gerade begonnen, geht es los. Nach ein paar Tagen auf der Flucht

Das Verlassen der DDR und Ost-Berlins war deren Bürgern seit 1954 verboten. Der illegale Grenzübertritt, seine Planung oder das Wissen darüber wurden mit Gefängnisstrafen geahndet. Beim Versuch, die DDR und Ost-Berlin zu verlassen, starben durch Schießbefahl und Grenzanlage mehrere hundert Menschen an der innerdeutschen Grenze.

werden sie aufgegriffen und wegen „unerlaubten Grenzübertritts“ zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.

Nun geht es in die Jugendstrafanstalt in Dessau. Für Andreas ein fürchterlicher Ort. Hier wird immer die ganze Gruppe bestraft, wenn einer sein Bett nicht korrekt gemacht oder die Wäsche im Schrank nicht akkurat genug gelegt hat. Der „Schuldige“ wird dann nachts von den Mithäftlingen zusammengeschlagen. Andreas erlebt dies mehrfach. Er erinnert sich, dass er einmal in seinem eigenen Blut lag und nur den Wunsch hatte, sich die Pulsadern aufzuschneiden. 

Nach mehr als einem Jahr wird Andreas nachts allein aus der Zelle geholt und entlassen.